Rund 50 % aller Patienten hospitalisiert mit Herzkreislauferkrankungen haben ideales LDL von < 100 mg/dl
Eine Studie von 2009 untersuchte das LDL von rund 137000 Patienten, die in mehr als 500 Krankenhäuser in den USA von 2000 bis 2006 eingeliefert wurden. (1) Für die Auswertung wurde das LDL in mehreren Gruppen eingeteilt: < 70 mg/dl, 70-99 mg/dl, 100-129 mg/dl, 130-159 mg/dl und > 160 mg/dl. Ihr HDL und TG wurden ebenfalls evaluiert. Da die Patienten hospitalisiert waren, hatten alle eine Vorerkrankung: So zum Beispiel hatten rund 26 % Diabetes, rund 54 % litten an hohem Blutdruck und rund 10 % litten unter Niereninsuffizienz. Dreißig Prozent waren Raucher.
Die Ergebnisse zeigten, dass der durchschnittliche LDL-Wert aller Patienten bei 104 mg/dl lag. (Abb. 1) Rund 55 % aller Patienten hatten ein LDL von < 100 mg/dl, rund 25 % von 100 bis 130 mg/dl und rund 20 % > 130 mg/dl. (Abb. 2) Die Mehrheit dieser Menschen hatten also ein nach klinischen Richtlinien ideales LDL. Ihr HDL war im Schnitt niedrig und die TG zu hoch.
Wenn LDL ein so guter Marker für das Risiko für Atherosklerose ist, wieso hatten so viele Menschen mit idealem LDL ein kardiovaskuläres Problem? Sollte ein niedriges LDL sie nicht vor Herzinfarkt & Co schützen?

Abb. 1 Menschen mit ideales LDL leiden genau so an Herzerkrankungen wie Menschen mit hohes LDL. (Abb. adaptiert aus 1)
Junge Spanier mit normales LDL haben Atherosklerose und eine hohe Lebenserwartung.
Zwei spanische Studien untersuchten wie häufig Menschen zwischen 40 und 54 Jahren an Atherosklerose litten. (2, 3) Dabei wurde mittels Bildverfahren das Auftreten von Plaques und arterieller Verkalkung untersucht und gleichzeitig wurden Blutparameter wie das LDL untersucht. Beide Studien zeigten, dass selbst Menschen mit klinisch-normalem LDL und ohne weitere Risikofaktoren, wie Diabetes, atherosklerotische Plaques aufwiesen. Bei rund 50 % aller Untersuchen wurden atherosklerotische Plaques festgestellt. Bei Männern mehr als bei Frauen. LDL, so stellten die Autoren fest, ist ein unabhängiger Faktor, der mit dem Auftreten symptomatischer Atherosklerose assoziiert ist.
Zum Vergleich: der prozentuale Anteil ischämischer Herzkrankheiten (z. Bsp. Herzinfarkt) und Schlaganfall an der Gesamtsterblichkeit in Spanien war 14,6 % und 7,1 %. Das sind zusammen 21,7 % aller Todesfälle in 2016. (4) Natürlich beziehen sich die Studien auf zwei verschiedene Populationen, die eine 40-54 Jahre alt, die Mehrheit der anderen (80 %) waren älter als siebzig Jahre.
Doch, wenn hohes LDL und Atherosklerose bei 50 % der Bevölkerung auftritt und LDL ein wichtiger Risikofaktor ist, wie kommt es, dass „nur“ 21,7 % aller Todesfälle auf Herzerkrankungen (HKE) zurückgehen? Wo sind die restlichen 28,3 %?
Hatten die Verstorbenen weniger Atherosklerose als die Jungen? Oder werden HKE in den nächsten dreißig Jahren zunehmen? Spanier haben eine der höchsten Lebenserwartungen weltweit, noch vor Japan, Singapur und Island. Wieso leben Spanier lange, obwohl die Hälfte von ihnen Atherosklerose hat?
Ist es das Gemüse und das Olivenöl? – Gemüse? In Island? Japaner sind ausgesprochene Fleisch- und Fischesser. Sie rauchen und arbeiten viel.
Ist es Tofu oder grüner Tee? – sicher nicht in Spanien und bestimmt nicht in Island.
Ist es die Sonne? In Island...?
Ist es das Vitamin D? Sonne und Fisch... vielleicht...
Vielleicht ist es der Alkohol – sie trinken alle gerne.
Was auch immer diese Menschen lange leben lässt – ein ideales LDL ist es nicht.
Referenzen
1. Sachdeva et al. Lipid levels in patients hospitalized with coronary artery disease: an analysis of 136,905 hospitalizations in Get With The Guidelines. Am Heart J. 2009 Jan;157(1):111-117.e2.
2. Fernández-Friera et al. Normal LDL-Cholesterol Levels Are Associated With Subclinical Atherosclerosis in the Absence of Risk Factors. J Am Coll Cardiol. 2017 Dec 19;70(24):2979-2991.
3. Fernández-Friera et al. Prevalence, Vascular Distribution, and Multiterritorial Extent of Subclinical Atherosclerosis in a Middle-Aged Cohort: The PESA (Progression of Early Subclinical Atherosclerosis) Study. Circulation. 2015 Jun 16;131(24):2104-13
4. Soriano et al. The burden of disease in Spain: Results from the Global Burden of Disease 2016. Med Clin (Barc). 2018 Sep 14;151(5):171-190.
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